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Will das Publikum Jux und Dollerei?

  • McCoy
  • McCoys Avatar Autor
07 Jun 2009 16:49 #872 von McCoy
Will das Publikum Jux und Dollerei? wurde erstellt von McCoy
Diese Frage habe ich mir schon öfters gestellt.
Die 'Kanadischen Meister' haben ja oft in ihren Schriften und Workshops erwähnt, daß man den Mut haben sollte, ernsthafte und berührende Szenen zu spielen. Solche bei denen es keine Lacher gibt, sondern Stille im Zuschauerraum.

Doch die Ralität schaut in deutschen Improshows meistens anders aus:
Wenn es mal 'ernst' zur Sache geht, 'gaggt' oft einer der Mitspieler und das ganze berührt nicht mehr, sondern artet in Comedy aus.
90% der Genrereplays als Horror, die ich gesehen habe, waren gespickt mit Hexen und Monstern und waren so gruselig wie ein Kindergeburtstag.

Letztens sah ich eine Langform mit guten Darstellern. Die Leute beherrschten das Handwerk, manche spielten starke Figuren und alle hörten sich einander gut zu. Aber selbst da wurde gegaggt und der ernste Rahmen (Krimi) hätte ruhig stellenweise etwas ernster und tiefgründiger sein können.
Freunde, diese Show und Story waren gut - ohne Frage - aber jetzt kommen wir wieder zur Überschrift zurück (denn das Ganze hat mich wieder zu meiner Überlegung gebracht):

Erwartet das Publikum hier in Deutschland eine Show die eher komisch als abgründig ist?
Sollen die tiefgründigeren Dinge dem traditionellen Schauspiel vorenthalten sein?
McCoy findet "nein"!
Wie denkt Ihr darüber.

Gruß von McCoy

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13 Jun 2009 18:33 #873 von wortwechselmax
Hallo McCoy,

denke die Antwort ist Ja und Nein.
Viele Zuschauer wollen einfach einen unterhaltsamen Abend. Bekommen die einen ganzen Abend Tragik und Tiefe, sind sicher nicht wenige enttäuscht. Wobei ein unterhaltsamer Abend definitiv nicht platt sein muss!
Ich denke oft trauen sich die Spieler einfach nicht ohne einen Gag auszukommen. Warum? Frag mich nicht! Ist wohl einfacher und funktioniert.
In meiner Gruppe arbeiten wir schon länger an "ernsthaften" Szenen. Nach und nach fließen die auch in die Shows und Matches ein. Und es kommt beim Publikum gut an.

Wen meinst Du mit den "Kanadischen Meistern"?
Keith, Loose Moose, Crumbs, Rapid Fire,....
Ich war letztes Jahr in Kanada unterwegs. Und glaub mir da gibt es auch eine extreme Bandbreite!
Und auch definitiv Szenen und Shows die sich gagtechnisch nicht im geringsten von Deinen Beispielen unterscheiden!
Die wenigen Kanadier die man in Deutschland kennt sollte man der Fairness auch nur mit wenigen deutschsprachigen Profis vergleichen!

Ich kenne aber auch einige deutsche "Laiengruppen" die wirklich gute und "tiefe" Szenen und Langformen spielen. Natürlich auch viele wie von Dir beschrieben....

Max

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  • McCoy
  • McCoys Avatar Autor
15 Jun 2009 09:01 #874 von McCoy
Hallo Max,

mit den Meistern meine ich diejenigen, die Bücher geschrieben haben und/oder ihr Wissen in Workshops weitergeben, allen voran der "Improfex Maximus" Johnstone.
Auch Johnstone ist der Meinung, daß man nicht permanent berührende Szenen spielen sollte, ein wenig Spaß sollte schon sein. Dabei muß man aber wieder unterscheiden zwischen schlagfertigen Sprüchen (in Filmen oft der Fall) und Witzen die einer Szene komplett den Ernst rauben.

Ich gebe zu, ich sah eine Gruppe (Namen nenne ich keine) deren Auftritt flach hoch drei war. Im Publikum wurde gelacht, während mich die Fremdscham überkam. Das Publikum amüsierte sich wahrlich köstlich über den dämlichsten Käse.

Die Leute mit denen ich danach geprochen habe sagten so Dinge wie "ach die wollen doch Spaß haben" oder "das Publikum würde so ein ernsthaftes Zeug wie du das möchtest gar nicht sehen wollen".
Und so kam ich u.a. auch auf die Idee, das hier zu schreiben.

Und warum bauen die Spieler nun Gags ein?
Ganz einfach - weil die Lacher aus dem Publikum die einzige Möglichkeit sind, auf der Bühne den eigenen Erfolg zu messen. So denken viele, daß ihre eigene Leistung schlecht ist, wenn wenig gelacht wird.
Mir würde es mehr Freude machen, wenn nach einem Auftritt jemand sagen würde, daß die Szene gut war und die Geschichte ihn berührt hat.

Gruß von McCoy

Ich bin Improspieler und kein Arzt

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18 Jun 2009 15:28 #878 von Susa
Hallo McCoy,

so ist auch meine Erfahrung: Wenn es im Publikum mucksmäuschenstill ist, wird es dem ungeübten Improspieler schnell mulmig. Dabei sind die Zuschauer einfach nur gespannt, berührt, fasziniert...Schlimm ist nämlich nur, wenn das Publikum unruhig und unaufmerksam wird und anfängt, sich zu unterhalten.

Aber mal ne Gegenfrage: Will das Publikum echte Küsse und Schläge sehen? Das ist nämlich gerade bei uns in der Gruppe zu einem Thema geworden, die sich durch den Plan unserer Trainierin gestellt hat, uns eben genau das beizubringen. Ich, zum Beispiel, halte das für unnötigen Realismus und für künstlerisch uninteressant und mit einem Gag (also dem Ende der Szene...) gleichzusetzen, aber bin gespannt, dazu noch mehr Meinungen und Erfahrungen zu hören.

Viele Grüsse

Susanna

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  • McCoy
  • McCoys Avatar Autor
19 Jun 2009 06:22 #880 von McCoy
Hallo Susanna,

zu 1): rrrrrrichtig B)

zur Gegenfrage:
Also ich muß nicht unbedingt sehen, daß sich Improspieler "echt" küssen. Und dann bleibt noch die Frage, ob die Spieler das selber wollen. Beim Theater reicht es doch im Prinzip, wenn etwas angedeutet wird.

Prügeleien (stage combat) sollten sorfältig trainiert werden, damit das nicht in die Hose geht. Außerdem sollte man beim härtesten Bühnenkampf locker bleiben und den "Gegner" als Partner sehen (den man gut aussehen lassen soll). Professionelle Catcher können ein Lied davon singen, daß man sich auch bei Schaukämpfen richtig verletzen kann.
Eine Schauprügelei kann für die Zuschauer lustig sein, aber wenn man das regelmässig zeigt, kann das auch schnell ausgelutscht und vorhersehbar sein ("pass auf - wenn DIE zwei zusammen spielen gibts sicher wieder 'ne Prügelei" )

Bis dann
McCoy

Ich bin Improspieler und kein Arzt

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21 Jun 2009 13:53 #882 von dermonarch
Hm. Lese das hier und frage mich, wie echt soll es denn sein?

Mir kommt da schnell der Satz in den Sinn, Kunst ist Leiden. Die Szenen müssen ergreifend sein und im Zuschauer etwas verändern. Aufrütteln.

Wenn es so echt sein soll, nee, das ist nicht meins, ich will schon unterhalten und erfreuen.

Meiner Ansicht nach ist gagging, wenn Beziehungen ziwschen Figuren oder die Figur selber für eine Pointe schaden in Ihrer Glaubwürdigkeit nimmt, wenn der Zauber der Illsuion verfliegt, weil der Zuschauer nun nicht mehr glaubt, was auf der Bühne passiert.

Das ist auch nicht meins, auch wenn ich es manchmal verwende. Entweder weil ich einen Fehler mache oder weil die Szene nicht gut war und mit dem Gag die Szene in einen erfreulichen Abschluss gerettet werden kann.

Mein Ziel ist es, die Figur und die Beziehungen glaubwürdig zu machen und dennoch auf das heftigste darüber zu scherzen. So will ich unterhalten und zum Lachen bringen. Und hier sind wir bei der klassischen Komödie. Und da empfinde ich Kunst als Freude. Und das will ich.

Viele Grüsse

Michael

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